SOL Parti Eyalet Parlamentosu Grubu’nun İçişleri Sözcüsü Milletvekili Deniz Çelik, kurulması talep edilen NSU Cinayetleri Araştırma Komisyonu’nda ele alınması istenen konuları bir basın açıklaması ile duyurdu.
Hamburg Sol Parti (Die Linke) Meclis grubu, Hamburg Parlamentosu’nun 13 Nisan tarihli oturumunda Hamburg’daki NSU cinayetlerinin araştırılması için bir Meclis Araştırma Komisyonu kurulmasını talep ediyor. Kendini “Nasyonal Sosyalist Yeraltı” (NSU) örgütü olarak niteleyen ırkçı terör örgütü 27 Haziran 2001 tarihinde Hamburg Altona’daki Schützenstraße’de Süleyman Taşköprü’yü öldürmüştü. Daha sonraki soruşturmalara ırkçı ve ötekileştiren klişeler, fail-kurban ilişkisinin tersine çevrilmesi ve akrabaların ifadelerinin dikkate alınmaması damgasını vurdu. Suçun ırkçı motifleri tamamen göz ardı edildi ve bunun yerine soruşturma “organize suçlara” yönlendirildi. NSU Kasım 2011’de kendini ifşa edene kadar cinayetler serisi ve ırkçı teröristlerin sorumluluğu kamuoyuna açıklanmadı.
ARAŞTIRMA ÖNERGESİ HAKKINDA MİLLETVEKİLİ DENİZ ÇELİK KONUŞTU
Hamburg Parlamentosu’ndaki DIE LINKE Parlamento Grubu’nun İçişleri Sözcüsü Deniz Çelik: “NSU’nun cinayet işlediği eyaletlerden sadece Hamburg’un hala bir meclis araştırma komisyonu kurmayı reddetmesi, sağcı şiddetin tüm kurbanlarının yüzüne atılmış bir tokattır. Hamburg’da devlet kurumları iki kez başarısız olmuştur: Taşköprü cinayetinin soruşturulmasında ve ardından NSU cinayetlerinin reddedilmesinde. Irkçı şiddetin kurbanlarına ve yakınlarına onların sorularını yanıtlamak ve kaybolan güvenini yeniden kazanmak borcumuz var.” açıklamasını yaptı.
Sol Parti Milletvekili Deniz Çelik’in açıklamasında şu görüşlere yer verildi:
Hamburg Sol Parti, NSU’nun kendini ifşa etmesinden bu yana NSU kompleksinin kapsamlı bir şekilde soruşturulması için kampanya yürütüyor. Daha 2015 yılında bir araştırma komisyonu kurulmasını talep etmiş, ancak bu talep diğer tüm parlamento grupları tarafından reddedilmişti. Deniz Çelik: “Senato her şeyin soruşturulduğunu iddia ediyor ancak bu düpedüz bir yalandır, cevaplanmamış çok sayıda önemli soru var. Güvenlik makamlarının ihmalleri ve karıştığı işlerle yüzleşmek ve bundan siyasi sonuçlar çıkarmak bizim siyasi sorumluluğumuzdur.” görüşünde.
Araştırma komisyonu Hamburg’daki militan Neonazi yapıları ve bunların NSU ağıyla bağlantılarının yanı sıra Senato Başkanlığı ve diğer sorumlu kişiler de dahil olmak üzere Hamburg’un güvenlik ve yargı makamlarının olası suistimallerini de araştırması kapsamına alacak. Sol Parti, araştırma komisyonu tarafından soruşturulması gereken temel soruları 20 sayfalık bir broşürle listelemektedir.
İŞTE ARAŞTIRMA ÖNERGESİNİN ALMANCA TAM METNİ :
A N T R A G
der Abgeordneten Deniz Celik, Sabine Boeddinghaus, Dr. Carola Ensslen, Olga Fritzsche, Norbert Hackbusch, Stephan Jersch, Metin Kaya, Cansu Özdemir, Dr. Stephanie Rose, , David Stoop, Heike Sudmann und Insa Tietjen (Fraktion DIE LINKE)
Betr.: Einrichtung eines Parlamentarischen Untersuchungsausschusses (PUA) zum NSU-Terror in Hamburg, zur Aufarbeitung der militanten neonazistischen Strukturen in Hamburg und ihre Verbindungen zum NSU-Netzwerk, ihrer möglichen Rolle im Zusammenhang mit dem Mord an Süleyman Taşköprü, zur Untersuchung eines möglichen Fehlverhaltens Hamburger Sicherheits- und Justizbehörden einschließlich der Senatskanzlei und anderer Verantwortlicher.
Die Bürgerschaft möge beschließen:
Gemäß Artikel 26 der Verfassung der Freien und Hansestadt Hamburg setzt die Bürgerschaft einen Untersuchungsausschuss ein. Der PUA besteht aus zwölf Mitgliedern (SPD fünf Mitglieder, Grüne Fraktion drei Mitglieder, CDU-Fraktion zwei Mitglieder, Fraktion DIE LINKE und AfD-Fraktion mit je einem Mitglied) und zwölf vertretenden Mitgliedern in gleicher Verteilung. Der Untersuchungsauftrag schließt insbesondere ein:
- die seit den 1980er Jahren gewachsenen Strukturen einer extrem rechten und neonazistischen Szene in Hamburg, ihre gewalttätige und teilweise für Terrorismus offene Ausrichtung in Hamburg sowie ihre überregionale und internationale Vernetzung; die Frage, wie diese Jahre des Wachsens und der Verfestigung einer solchen gewalttätigen neonazistischen Neonaziszene und die Kontinuität handelnder Personen terroristische Entwicklungen vorantrieben und Mitursache dafür sind, dass die NSU-Kernzelle Hamburg als zweiten Tatort wählte;
- die Umstände des Mordes an Süleyman Taşköprü am 27. Juni 2001 in Altona;
- die jahrelang ergebnislosen Ermittlungen der Strafverfolgungsbehörden und ihre Rolle in der Besonderen Aufbauorganisation (BAO) Bosporus;
- die Rolle des Verfassungsschutzes, seine Erkenntnisse über Gewalttätigkeit und terroristische Bestrebungen in der Hamburger extrem rechten und Neonaziszene und sein Beitrag zum Versagen bei der Aufklärung.
Der Mord an Süleyman Taşköprü liegt mehr als 21 Jahre zurück. Immer wieder haben Angehörige seit der Selbstenttarnung des NSU-Kerntrios ihre Forderung nach einem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss bekräftigt und zu einem Herzensanliegen erklärt. Denn viele Fragen, vor allem nach möglichen Verbindungen, Helfern und Helfershelfern des NSU in Hamburg, nach den über Jahre auf falschen Verdächtigungen beruhenden und deshalb ins Nichts führenden Ermittlungen, nach möglichen V-Leuten, sind unbeantwortet. Die zuständigen Behörden übernehmen für das Versagen bei der Aufklärung keine ausreichende Verantwortung. Die Beratungen in den Jahren 2012 bis 2015 in der Bürgerschaft haben die zentralen Fragen bei weitem nicht ausreichend aufgeklärt. Das Versprechen der Bundeskanzlerin 2012, dass die Morde des NSU restlos aufgeklärt würden, wurde nicht zuletzt in Hamburg und durch Hamburger Behörden gebrochen. Das lässt die Angehörigen von Süleyman Taşköprü auch über 21 Jahre nach dem Mord an ihrem Sohn, Vater, Bruder, Onkel und über elf Jahre nach der Selbstenttarnung des Kerntrios nicht zur Ruhe kommen. Allein schon der Respekt vor dem Opfer und seinen Angehörigen, die jahrelang unter Verdächtigungen, Polizeimaßnahmen und in die Irre führenden Ermittlungen gelitten haben und bis heute nicht wissen, warum Süleyman Taşköprü sterben musste, macht einen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss notwendig.
In Hamburg hat der Senat 2014 eine 87-seitige „Mitteilung“ (Drs.20/11661) vorgelegt, deren „ausführliche Darstellung der Ermittlungen zum Tötungsdelikt in Hamburg“ laut den Worten des Senats „vergleichbaren Darstellungen im Untersuchungsbericht des Bundestags-Untersuchungsausschusses“ entsprechen sollen. Tatsächlich befassen sich gerade einmal fünfeinhalb von 87 Seiten mit einer Abhandlung des Mordes, der Ermittlungen und Maßnahmen der Strafverfolgungsbehörden und den (fehlenden) Maßnahmen des Landesamts für Verfassungsschutz zwischen 2001 und 2011. Eine ernsthafte Fehleranalyse fehlt gänzlich. Zugleich unterschlägt der Bericht nicht nur zahllose Tatsachen, sondern gibt nachweislich unzutreffende Auskünfte über Sachverhalte. Die Bürgerschaft hatte nicht einmal die Möglichkeit, über die Senatsmitteilung abzustimmen.
Als Legislative hat sie sich auch danach der Behauptung der Exekutive gebeugt, dass nichts weiter aufgeklärt werden könne. Sie hat 2016 einen Untersuchungsausschuss (Drs.21/887) abgelehnt und damit auch freiwillig auf die Akten der Sicherheitsbehörden und auf alle anderen Möglichkeiten eines Untersuchungsausschusses verzichtet, die für die Aufklärung des NSU-Komplexes in Hamburg, für die Kontrolle exekutiven Handelns und für womöglich nötige Konsequenzen unverzichtbar sind. Dass seit der Mordserie in Deutschland erneut elf Menschen in Halle und Hanau antisemitischem und rassistischem Terror zum Opfer fielen, der Kassler Regierungspräsident Walter Lübcke von einem Neonazi mit Kontakten ins NSU-Unterstützerumfeld ermordet wurde, unter dem Label NSU 2.0. zahlreiche Menschen bedroht wurden, dass Neonazis und andere extrem Rechte sich bewaffnen, Mord- und Putschpläne bekannt wurden, auch mit Bezug zu Hamburg, all das unterstreicht die Notwendigkeit, die NSU-Morde aufzuklären, das unterstützende NSU-Umfeld aufzuhellen und das mögliche Fehlverhalten der Sicherheitsorgane aufzuarbeiten.
Der Untersuchungsauftrag erstreckt sich insbesondere auf folgende Fragestellungen:
Untersuchungskomplex A
Die militante extrem rechte und neonazistische Szene in Hamburg und ihre bundesweite Vernetzung zwischen 1980 und 2011
- Organisationen, Strukturen, „Führungskameraden“
1.1. Welche militanten extrem rechten und neonazistischen Organisationen bzw. Strukturen waren im Zeitraum 1980 bis 2011 in Hamburg und (soweit Neonazis aus Hamburg beteiligt waren) Umgebung aktiv? Welche der Organisationen / Strukturen waren auf Hamburg und nähere Umgebung beschränkt, welche waren von überregionaler oder bundesweiter Bedeutung? Welche von ihnen wurden vom Landesamt für Verfassungsschutz Hamburg (LfV HH) beobachtet? Welche Erkenntnisse hatte der Staatsschutz?
1.2. Welche von Blood & Honour-Strukturen organisierten Konzerte fanden in Hamburg und Umgebung im genannten Zeitraum statt? Welche Vertriebsstrukturen für Rechtsrock, insbesondere der B&H-Prägung, existierten in diesem Zeitraum in Hamburg?
1.3. Welche Hamburger Neonazis waren im fraglichen Zeitraum wann in welchen Hamburger, regionalen und/oder bundesweiten Organisationen/Strukturen in führenden Positionen?
1.4. Welche in Hamburg präsenten extrem rechten bzw. Neonazi-Organisationen und -Publikationen wurden im fraglichen Zeitraum durch welche Behörden verboten? Woran und auf wessen Betreiben scheiterte das Verbot des „Nationalen und Sozialen Aktionsbündnis Norddeutschland“ (NSAN)? Warum wird das gescheiterte NSAN-Verbot im Text der Drucksache 20/11661 nicht erwähnt, während erfolgreiche Verbote genannt wurden? Gab es weitere gescheiterte Verbotsversuche?
- Gewalt, Terror und Terrorpropaganda von extrem Rechten und Neonazis in Hamburg
2.1. Nach zwei vorhergegangenen Sprengstoffanschlägen in Baden-Württemberg, die sich gegen eine Auschwitz-Ausstellung richteten, verübten die „Deutschen Aktionsgruppen“ (DA) von Manfred Roeder am 27. April 1980 anlässlich der Umbenennung einen Rohrbombenanschlag auf die Janusz-Korczak-Schule, d.h. auf das Gebäude, in dem die Nazis am 20. April 1945 20 Kinder, vier Betreuer und 21 sowjetische Kriegsgefangene bestialisch ermordet hatten. Bei dem Anschlag wurden zwei Menschen verletzt. Wie bei den vorherigen Anschlägen (und zwei weiteren am 30. Juli in Zirndorf und 17. August in Lörrach) wurde die Metallrohrbombe von einem Kurzzeitmesser der Firma Blessing, 95 cal gezündet. Wann, wie und durch welche Strafverfolgungsbehörden wurde der antisemitische Terrorakt in Hamburg aufgeklärt? Wer waren die Täter:innen und ihre Unterstützer:innen? Seit wann genau hatten das BfV und das LfV HH Kenntnis von den terroristischen DA und ihrem Umfeld? Haben BfV und/oder LfV HH zur Aufklärung beigetragen? Gab es ein Bekennerschreiben?
2.2. Am 22. August 1980 ermordeten die DA bei einem Brandanschlag auf ein Übergangsheim für Geflüchtete in der Halskestraße in Hamburg-Billbrook die beiden Vietnamesen Nguyễn Ngọc Châu und Đỗ Anh Lân. Täter und Täterin waren per Auto, das ihr Unterstützer:innenumfeld besorgt hatte, nach Hamburg gekommen und hatten bei Unterstützer:innen in Barmbek übernachtet. Wann, wie und durch welche Strafverfolgungsbehörden wurde der rassistische Terrorakt aufgeklärt? Wurde das Unterstützerfeld aufgehellt? Welchen Beitrag haben BfV und/oder LfV HH zur Aufklärung geleistet?
2.3. Welche Verbindungen hatte der 1982 wegen Rädelsführerschaft zu 13 Jahren verurteilte und vorzeitig entlassene Manfred Roeder, der der NSU-Kernzelle als Vorbild galt, nach Hamburg:
a. in die extrem rechte Szene in Hamburg und nahe Umgebung,
b. in die Bundeswehr, in deren Führungsakademie er auf Einladung im Januar 1995 auftrat?
2.4. Am 29. Mai 1981 ermordeten fünf Hamburger Mitglieder der „Aktionsfront Nationaler Sozialisten“ (ANS), die das Oberlandesgericht Celle 1979 als Nachfolgeorganisation der NSDAP eingestuft hatte, ihren Kameraden Johannes Bügner wegen seiner Homosexualität. Michael Frühauf, provisorischer Leiter der ANS und einer der beiden Haupttäter, gab im Prozess an, V-Mann des Hamburger Verfassungsschutzes zu sein. Wann und mit welcher Zielsetzung hatte ihn der Verfassungsschutz rekrutiert? Wieviel Geld wurde insgesamt an M.F. und damit an die gewalttätige Neonazi-Szene gezahlt? Inwiefern trifft die von M.F. im Prozess geäußerte Behauptung zu, dass sein V-Mann-Führer ihm Straffreiheit zugesichert habe, wenn er nicht direkt an Taten teilnehme? War das – und wenn, bis wann – gängige Praxis im Umgang des LfV HH mit V-Leuten?
2.5. Am 17. Oktober 1982 wurde bei einem Angriff rechter HSV-Fans aus dem Umfeld des Fan-Clubs „Die Löwen“ der 16-jährige Werder-Fan Adrian Maleika von einem Stein getroffen und so schwer verletzt, dass er einige Tage später starb. Welche Erkenntnisse hatten die Strafverfolgungsbehörden über „Die Löwen“ und den Einfluss extremer Rechte auf den Fanclub, und welche Erkenntnisse hatte das LfV HH?
2.6. Am 24. Juli 1985 erschlugen drei rechte Skinheads Mehmet Kaymakçı, mit dem sie in einer Kneipe gestritten und ihn dabei rassistisch beleidigt hatten, auf dem Nachhauseweg mit einem Betonklotz. Wie und mit welchen Konsequenzen haben die Strafverfolgungsbehörden und die Justiz aufgearbeitet, dass sie trotz klarer Hinweise auf rechte Gesinnung und Zugehörigkeit der Täter zur rechten Skinheadszene rassistische Motive ausgeschlossen bzw. außer Acht gelassen haben?
2.7. Am 21. Dezember 1985 verletzten rassistische Skinheads aus Lohbrügge Ramazan Avcı so schwer, dass er den Verletzungen am 24. Dezember erlag. Während insbesondere die türkische Community die rassistischen Motive der Täter anprangerte und auch der „Spiegel“ titelte: „Zum zweitenmal binnen fünf Monaten haben ausländerfeindliche Skinheads in Hamburg einen Türken erschlagen“, bestritten oder negierten Politiker von SPD und CDU, die Ermittler:innen und das Gericht politische Motive und die Verbindungen der Täter zur Neonaziszene.
2.7.1. Wie – und wann – haben die Strafverfolgungsbehörden, die Justiz und der Senat ihr politisches Versagen und ihre Verantwortungslosigkeit gegenüber den migrantischen Communities, insbesondere der türkischen, aufgearbeitet? Mit welchen Erkenntnissen und Konsequenzen?
2.7.2. Trifft zu, dass die Kneipe „Gerstenkrug“ in Lohbrügge, die damals Treff- und Rekrutierungspunkt der Lohbrügger Nazi- und Skinszene war, von einem V-Mann des LfV HH geführt wurde?
2.8. Wie viele rassistische, antisemitische oder allgemein rechts motivierte tödliche und wie viele nicht-tödliche Gewalttaten wurden zwischen 1980 und 2011 von den Sicherheitsbehörden erfasst? Wie viele der Gewalttaten waren Brandanschläge auf Unterkünfte von Geflüchteten oder Einrichtungen von Migrant:innen? Wie viele Straftaten wurden aufgeklärt? In wie vielen Fällen waren V-Leute des LfV HH als (Mit-)Täter involviert?
2.9. Wie viele Waffenfunde, die der extrem rechten und neonazistischen Szene zugerechnet wurden, haben das LfV HH und/oder die Strafverfolgungsbehörden im genannten Zeitraum erfasst? Bei wem, wie und welche Waffen wurden dabei gefunden? Wie viele Täter wurden in diesem Zusammenhang ausfindig gemacht, wie viele verurteilt? Wie viele Fälle blieben unaufgeklärt?
2.10. Welche extrem rechten bzw. neonazistischen Hamburger Gruppierungen haben im fraglichen Zeitraum in oder außerhalb Hamburgs Wehrsportübungen durchgeführt?
2.11. Ab wann und wie wurde die von den Hamburger Neonazis Henry Fiebig und Christian Scholz verfasste mehrteilige Schrift „Eine Bewegung in Waffen“, die nicht nur eine Anleitung zum bewaffneten Kampf, sondern auch für die Verbindung von „legalem“ und „illegalem Kampf“ ist, vertrieben? Welche Rolle spielte „Eine Bewegung in Waffen“ in der militanten rechten und neonazistischen Szene in Hamburg und überregional? Zu welchem Zeitpunkt und auf welchem Weg erhielt das LfV HH Kenntnis von der mehrteiligen Schrift und ihrem bundesweiten Vertrieb? Wann und wie die Strafverfolgungsbehörden? Wann wurden Maßnahmen gegen die Schrift, ihren Vertrieb und die Urheber ergriffen?
2.12. Welche Rolle spielten die Blood & Honour-Szene und Combat-18-Strukturen in Hamburg?
2.13. Wann hat Christian Worch die in einem Interview im Spiegel Reporter Nr. 10 vom Oktober 2000 erwähnte Schrift „Quadratur des Kreises“ geschrieben, in der es um den „Weg eines Menschen“ geht, „der vom politischen Aktivisten zum politischen Terroristen wird“ und der Worchs Aussagen zufolge zu zwei Dritteln seine eigenen Erlebnisse schildert? Wie und wo wurde die Schrift verbreitet? Wann wurde sie dem LfV HH bekannt? Wurde gegen die Schrift und ihren Autor vorgegangen?
2.14. Das BKA beschwerte sich 1997 in einem 13-seitigen Schreiben über die katastrophalen Auswirkungen der V-Leute-Praxis der Verfassungsschutzämter einerseits auf die rechte Szene, die dadurch angestachelt und gestärkt werde, andererseits auf die polizeiliche Ermittlungsarbeit, die behindert werde. Wie sah die in diesem Schreiben kritisierte Praxis in Bezug auf das LfV HH aus? Wie haben das LfV und die Hamburger Strafverfolgungsbehörden auf das Schreiben reagiert? Welche Konsequenzen wurden aus der Kritik gezogen?
3. Überregionale und internationale Vernetzung Hamburger Neonazis
3.1. In einer Liste des BfV aus Januar 1997 wurden unter bundesweit ca. 80 Personen auch sieben Hamburger Neonazis geführt als Personen, die überregional agitatorisch tätig sind und mit ihrem Verhalten rechtsextremistischen/fremdenfeindlichen Gewalttätern Vorschub leisten könnten: Thorsten De Vries, André Goertz, Reinhold Oberlercher, Jürgen Rieger, Christian Worch, Thomas Wulff, Jan Zobel. Welche Beobachtungen und Tatsachen lagen dieser Einordnung zugrunde?
3.2. In welchen bundesweiten Kampagnen und Netzwerken wie z.B.: Vorbereitungskreise zu den Rudolf-Heß-Märschen, „Freundeskreis Halbe“, Kampagne gegen die Wehrmachtausstellung, Thule-Netz, Info-Telefone, Rechtsrock-Szenen … waren welche Hamburger Neonazis präsent bzw. hatten koordinierenden Einfluss?
3.3. Welche Veranstaltungen wie Schulungen einschließlich Rechtsschulungen, Tagungen oder Sonnenwendfeiern u.ä.m. wurden regelmäßig von Hamburger Neonazis im Bundesgebiet für Gleichgesinnte durchgeführt? Welche Rolle für die Radikalisierung rechter Kräfte spielten dabei von Rieger verantwortete Veranstaltungen wie die Hetendorfer Tagungswochen oder Sonnenwendfeiern? Oder die Rechtsschulungen von Gisa Pahl und Christian Worch?
3.4. Welche Liegenschaften haben Hamburger Neonazis in anderen Bundesländern und im Ausland zu welchem Zweck und mit welchen Mitteln direkt oder über Stiftungen, Kapitalgesellschaften, Vereine … erworben bzw. gepachtet? Wie und durch wen wurden die Liegenschaften im Untersuchungszeitraum genutzt? Welche Kontakte ergaben sich dadurch insbesondere zu Personen, die im Münchner NSU-Prozess angeklagt waren, zu Personen, gegen die ermittelt wurde/wird, und zu Personen, von denen durch die bisherigen Untersuchungsausschüsse und den Münchner NSU-Prozess bekannt wurde, dass sie zum engeren Umfeld des NSU-Kerntrios gehörten, einschließlich der enttarnten V-Personen?
3.5. Auf die Hamburger Neonazis Christian Worch und Thomas Wulff gehen zwei bundesweit relevante Konzepte zurück, das Anti-Antifa-Konzept und das Konzept der Freien Kameradschaften. Welche Bedeutung hatten diese beiden Konzepte für die Entwicklung der bundesweiten Neonaziszene, insbesondere für Entstehung und Radikalisierung des Thüringer Heimatschutzes?
3.6. Welche Rolle für die Radikalisierung der bundesdeutschen Neonaziszene spielte die insbesondere von Christian Worch im Rahmen der neonazistischen „Gesinnungsgemeinschaft der Neuen Front“ vorangetriebene Politik der Aufmärsche?
3.7. Welche Verbindungen hatten die Hamburger Neonazis Thomas Wulff, Christian Worch, Jürgen Rieger und Torben Klebe insbesondere zwischen 1998 und der Selbstenttarnung des NSU in die militante rechte und neonazistische Szene in Thüringen, insbesondere zu Personen, die im Münchner NSU-Prozess angeklagt waren, zu Personen, gegen die ermittelt wurde/wird, und zu Personen, von denen durch die bisherigen Untersuchungsausschüsse und den Münchner NSU-Prozess bekannt wurde, dass sie zum engeren Umfeld des NSU-Kerntrios gehörten, einschließlich der enttarnten V-Personen?
3.7.1. Welche Verbindungen hatten die genannten Personen in die Kameradschafts-, die Blood & Honour- und sonstige Neonaziszene in Mecklenburg-Vorpommern?
3.7.2. Welche Verbindungen hatten die genannten Personen in die Kameradschafts-, die Blood & Honour- und sonstige Neonazi-Szenen in Bayern, Sachsen, NRW und Brandenburg?
Untersuchungskomplex B
Der Mord an Süleyman Taşköprü und die Ermittlungen 2001 bis 2011
1. Allgemeines
1.1. Welche Abteilungen waren bei Polizei und Staatsanwaltschaft von wann bis wann zuständig für die Ermittlungen zum Mord an Süleyman Taşköprü? Gehörten den jeweiligen Ermittler:innenteams Personen mit Migrationsgeschichte an? Gab es bei der Wiederaufnahme der Ermittlungen 2005 eine (teilweise) personelle Kontinuität?
1.2. Wie sah die Zusammenarbeit zwischen der ermittelnden Abteilung der Staatsanwaltschaft (StA) und den vorgesetzten Dienststellen bei den Ermittlungen konkret aus?
1.3 Gab es regelmäßig oder unregelmäßig Berichte der StA an den Generalstaatsanwalt und die Justizbehörde?
1.4. Gab es generell regelmäßige oder unregelmäßige Berichte der Strafverfolgungsbehörden über Ermittlungsverfahren mit rechtem Hintergrund an den Generalstaatsanwalt, die Leitungen der Justiz- und der Innenbehörde?
1.5. Wie weit und wie oft wurden die vorgesetzten Dienststellen der Mordermittler:innen des LKA bzw. ab 2005 der EG 061 / SOKO 061 über die Ermittlungen informiert?
1.6. Warum wurden ab 2005 und bis zum Schluss die polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen bei den jeweiligen Abteilungen für Organisierte Kriminalität angesiedelt?
1.7. Welche Erkenntnisse hatte die Staatsschutzabteilung der Hamburger Polizei 2001ff. über die militante und rechte Szene in Hamburg und ggfs. bundesweit? War dem Staatsschutz das Abtauchen des Jenaer Kerntrios bekannt? Gab es einen Informationsaustausch mit der SOKO 61 und mit dem LfV HH?
1.8. Wie sah allgemein der Informationsaustausch zwischen LfV HH und Polizei aus? Was war die gesetzliche Grundlage? Wie sah die Praxis im fraglichen Zeitraum aus?
1.9. Hat sich zwischen 2001 und 2011 jemals ein Innen- oder ein Justizsenator über den Stand der Ermittlungen in der Mordserie informiert?
2. Ermittlungen und Maßnahmen 2001 bis 2011
2.1. Warum ließ die Polizei nach dem Mord an Süleyman Taşköprü kein Phantombild auf Grundlage der Aussagen seines Vaters Ali anfertigen, der zwei Männer mit heller Haarfarbe und laut seiner Aussage definitiv nicht von „südländischem“ Aussehen unmittelbar nach der Tat vor seinem Laden gesehen hatte, sondern nur Phantombilder nach den Angaben einer Zeugin, die angab, einige Tage zuvor drei „südländisch“ aussehende Männer wahrgenommen zu haben, die sich im Laden der Taşköprüs gestritten und mit Wiederkommen gedroht hätten.
2.1.1. Aus welchen Ermittlungen stammten die (Phantom-)Bilder, die Ali Taşköprü im Herbst 2005 vorgelegt wurden? Die Bilder aus Köln und die gut getroffenen Phantombilder aus Nürnberg? Warum wurden ihm die Bilder erst Monate nach dem Mord an İsmail Yaşar am 9. Juni 2005 vorgelegt?
2.1.2. Warum wurde der Tatsache, dass er Ähnlichkeiten mit den beiden Männern feststellte, die er am 27.6.2001 vor dem Laden gesehen hatte, keine Aufmerksamkeit geschenkt?
2.2. Wie sah die Zusammenarbeit zwischen den Hamburger und den Nürnberger Strafverfolgungsbehörden nach dem Nürnberger Fernschreiben vom 28. Juni 2001 aus, in dem mitgeteilt wurde, dass zwei Tötungsdelikte an türkischen Staatsbürgern in Nürnberg mit der gleichen Tatwaffe verübt worden waren?
2.3. Warum wurde in Hamburg nicht wie in Nürnberg eine SOKO gebildet, als klar wurde, dass es sich um eine Mordserie handelte?
2.4. Wie viele Polizeibeamt:innen waren vor dem 11.9.2001, wie viele danach bis 2003 mit den Ermittlungen zum Mord an Süleyman Taşköprü befasst? Warum wurde trotz der Tatsache, dass es sich um eine Mordserie mit bis dahin vier Todesopfern handelte und die Gefahr weiterer Opfer erheblich war, die Zahl der ermittelnden Polizeibeamt:innen nach den Terroranschlägen am 11.9.2001 reduziert?
2.5. Wann wurden die Ermittlungen durch die Mordabteilung des LKA de facto, wann auch formell eingestellt? Warum wurden die Eltern von der formellen Einstellung nicht benachrichtigt?
2.6. Warum wurden die Ermittlungen nach dem 25.2.2004, d.h. nach dem fünften Mord an Mehmet Turgut, bei dem dieselbe Česká wie in den vorhergegangenen Mordfällen verwendet wurde, nicht wiederaufgenommen?
2.7. Nach dem Mord an İsmail Yaşar am 9. Juni 2005, auf den Tag genau ein Jahr nach dem Nagelbombenanschlag in der Kölner Keupstraße, wurde von den Kölner Ermittlern eine große Ähnlichkeit zwischen den Fotos der mutmaßlichen Täter in Köln und den Phantombildern der mutmaßlichen Täter in Nürnberg festgestellt. Warum hat man weder in Hamburg noch in der BAO Bosporus, in der Kriminaloberrat Felix Schwarz die Hamburger SoKo vertrat, spätestens vor diesem Hintergrund den Ermittlungsansatz OK hinterfragt und so einen neuen Ermittlungsansatz blockiert?
2.8.Wie hat sich der Hamburger Vertreter, KOR Felix Schwarz, dazu verhalten, dass die BAO, die den möglichen Zusammenhang intern noch eine Zeitlang verfolgte, dann aber eine von ihr selbst beschlossene Fallanalyse nicht mal mehr durchführte? Warum hat man sich in der SOKO 061 damals die Frage gestellt, warum, wenn man dieselbe Organisation hinter dem Kölner Nagelbombenanschlag und der Mordserie vermute, die Kölner Tat nicht mit der Ceska begangen wurde? Die sich aufdrängende Frage aber nicht: Ob nicht die Ermittlungsrichtung OK hinterfragt werden muss, wenn man von demselben Täter ausgeht?
2.9. Welche Ermittlungen haben die Strafverfolgungsbehörden aus welchem Grund in der Türkei durchgeführt?
2.10. Wurden die Angehörigen und Personen aus dem engen sozialen Umfeld von Süleyman Taşköprü zu irgendeinem Zeitpunkt vor oder nach dem 4.11.2011 über gegen sie und das Opfer ergriffene Maßnahmen (Finanzermittlungen, Telefonüberwachung, Observation, …) informiert?
2.11. Gehörte oder gehört die Befragung sogenannter Metaphysiker in der Hamburger Polizei zu den gängigen oder zumindest akzeptierten Ermittlungsmethoden? Oder warum hat die SoKo ein solches „Medium“, das vorgab, einen Kontakt zum Mordopfer herstellen zu können, hinter dem Rücken der Familie eingeladen und die „Ergebnisse“ seines angeblichen „Kontaktes“ im März 2009 in das Informationssystem eingespeist?
2.12.Welche Erkenntnisse über Diskussionen in der extrem rechten und neonazistischen Szene, über die Aufnahme des bewaffneten Kampfes, über die Herausbildung eines Rechtsterrorismus und über die typischen Merkmale rechtsterroristischer Handlungen – einschließlich der Tatsache, dass Bekennerschreiben bei rechtem Terror absolute Ausnahme sind – hatten die Hamburger Strafverfolgungsbehörden einschließlich der Behördenleitungen sowie die Senatskanzlei vor Beginn und während der Mordserie an neun migrantischen Kleinunternehmern?
2.12.1. Wie sah die „notwendige unmittelbare Verbindung“ (S. Dr. 20/11661, S. 11) zwischen der SOKO 061 und der Abteilung Staatsschutz aus? Gab es von Seiten des Staatsschutzes Hinweise auf einen möglicherweise rechtsterroristischen Hintergrund der Mordserie? Haben der Staatsschutz und/oder das LfV HH die SoKo über die Beobachtung von Christian Worch aufgrund der Gefahr terroristischer Bestrebungen informiert?
2.12.2. Welche Kenntnisse hat das LfV HH den Strafverfolgungsbehörden auf welche Weise vermittelt?
2.12.3.Welche den Rechtsterrorismus betreffenden Kenntnisse haben die Strafverfolgungsbehörden seit der Selbstenttarnung der NSU-Kernzelle gewonnen?
2.13. Welche Kenntnisse hatten die Strafverfolgungsbehörden, die Behördenleitungen sowie die Staatskanzlei über das Untertauchen der Jenaer NSU-Kernzelle in der Zeit der Mordermittlungen? Trifft die Aussage eines SOKO-Mitarbeiters vor dem Schweriner Untersuchungsausschuss zu, dass der Verfassungsschutz die SOKO zu keinem Zeitpunkt über die drei untergetauchten Bombenbastler aus Jena informiert habe?
2.14. Warum wurde die SoKo am 30.6.2008 aufgelöst, und wie wurden die Ermittlungen nach ihrer Auflösung fortgesetzt?
2.15. Welche konkreten Feststellungen, Überprüfungen und Ermittlungen haben die Strafverfolgungsbehörden zu welchem Zeitpunkt mit Blick auf „fremdenfeindliche, rechtsextremistische oder andere politisch motivierte Tathintergründe“ vorgenommen, wie in der Drucksache 20/11661 auf S. 10 behauptet?
2.15.1.Die SPD-Abgeordnete Eva Högl konfrontierte im NSU-Untersuchungsausschuss des Bundestags den Hamburger leitenden Ermittler KOR Felix Schwarz damit, dass „… wir in den Akten nicht an einer einzigen Stelle finden, dass es um Rechtsextremismus, fremdenfeindlichen Hintergrund oder irgendwas gegeben hat. Deshalb frage ich Sie noch mal: Ist das üblich, dass Sie sagen: ,Im Fokus stand fremdenfeindlicher Hintergrund der Täter; wir haben alles getan in Richtung Rechtsextremismus‘, dass wir dazu nicht eine Silbe in den Unterlagen haben?“ Welche anderen Erkenntnisse hat der Senat? Oder warum hielt er 2014 an der Behauptung fest?
2.15.2. Welche konkreten Ermittlungen wurden durchgeführt anlässlich des Drohbriefs mit Bezug zur Mordserie mit Datum 8.8.2006, den eine Hamburger Moschee erhalten hat? Wann und wie wurde der Verfasser ermittelt?
2.15.3. Warum wurde den Vermutungen von mehreren Hamburger Zeugen – wie auch von Zeugen an anderen Tatorten – über ein mögliches rechtes, rassistisches Motiv nicht nachgegangen?
2.16. Welche „gezielt vier Hinweise(n) auf Bezüge mit extremistischem Hintergrund“ hat die SOKO 061 in „Hinsicht auf die Einzeltätertheorie“ überprüft? Welcher Art war der „extremistische Hintergrund“?
2.17. Warum haben sich die Hamburger Ermittler:innen so vehement wie sonst niemand der Münchner Operativen Fallanalyse (OFA) widersetzt, die Anhaltspunkte für rechte, rassistische Motive der Mordserie enthielt? Wodurch haben sie in diesem Zusammenhang Anlass zu Kritik von BKA-Beamt:innen an nicht unproblematischen Aktivitäten Hamburgs gegeben und zu dem Urteil, das Ausmaß an Verunsicherung und Unsicherheit in der Hamburger SoKo habe überrascht?
2.18. In seinen Aussagen vor dem 2012 eingesetzten NSU-Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestages beschreibt der für die Arbeit der SoKo verantwortliche Zeuge KOR Felix Schwarz den „Kernauftrag“ der SoKo 061 so: „OK-Initiativermittlungen im Umfeld des Opfers mit dem direkten Ziel zu führen, bisher nicht zugängliche Erkenntnisse im Milieu zu gewinnen und dadurch zur Tataufklärung beizutragen“. (Stenografisches Protokoll der 19. Sitzung des NSU-Untersuchungsausschusses von 14. Juni 2012 S. 86, https://dserver.bundestag.de/btd/17/CD14600/Protokolle/Protokoll-Nr%2019.pdf)
2.18.1.Warum haben die Ermittler:innen in Ermittlungen „im Umfeld des Opfers“ ihren „Kernauftrag“ gesehen, und das über Jahre ergebnisloser Ermittlungen?
2.18.2. Was ist gemeint, wenn man bei den Ermittler:innen nach Aussagen von Felix Schwarz vor dem Untersuchungsausschuss im Bundestag vom ermordeten Süleyman Taşköprü als „ganz normale(m) türkischen Mann“ sprach? Wie ist u.a. die Erläuterung zu verstehen, die Felix Schwarz dazu vor dem Untersuchungsausschuss gab: „Wir haben … die kriminalpolizeilichen Erkenntnisse, die wir von ihn haben, nicht in den Vordergrund gestellt, wenn es um Öffentlichkeit oder Öffentlichkeitsarbeit ging. Deswegen fiele mir schwer, das zu spezifizieren, was ich unter einem normalen türkischen Mann verstehe“. (Protokoll a.a.O. S. 101)
2.18.3. In der Hamburger OFA wird das Mordopfer Süleyman unter der Rubrik „Sozialverhalten“ als „Schmarotzer“ bezeichnet. Diese Bezeichnung soll auf einen Zeugen zurückgehen, wird aber von den Verfasser:innen der OFA zumindest distanzlos übernommen, von der SOKO offensichtlich nicht beanstandet und von KOR Schwarz in seinen Aussagen vor dem Untersuchungsausschuss des Bundestags ausdrücklich gerechtfertigt (a.a.O., S. 104). Entspricht ein solch diskriminierender, dehumanisierender Sprachgebrauch Gepflogenheiten der Strafverfolgungsbehörden?
2.18.4. Warum vertritt Felix Schwarz als Zeuge vor dem Schweriner NSU-Untersuchungsausschuss noch 2020 die längst widerlegte Behauptung, sieben der NSU-Opfer hätten einen Rauschgiftbezug gehabt?
2.18.5. Haben sich die Strafverfolgungsbehörden vor und/oder nach dem 4.11. mit der Problematik ethnisierender Zuschreibungen und ihren möglichen Auswirkungen auf Ermittlungen auseinandergesetzt?
2.18.6. Haben sich die Strafverfolgungsbehörden und die Behördenleitungen von Innen- und Justizbehörde mit der u.a. von der SPD in ihrem Sondervotum im ersten NSU-Untersuchungsausschuss des Bundestages geäußerten Kritik an den polizeilichen Ermittlungen auseinandergesetzt, insbesondere damit, „dass routinisierte Verdachts- und Vorurteilsstrukturen und unbewusste Prozesse institutioneller Diskriminierung ganz wesentlich für die andauernde Betriebsblindheit der Ermittler bezüglich eines möglichen rassistischen Hintergrunds der Mordserie verantwortlich waren“? (Drs. 17/14600, Seite 872)
2.19. Welche Maßnahmen zur Entwicklung einer Fehlerkultur haben die Strafverfolgungsbehörden seit der Selbstenttarnung des Kerntrios des NSU ergriffen?
2.20. Welche Ermittlungen wurden mit welchem Ergebnis zu dem Bekennerbrief geführt, den Beate Zschäpe oder ihre Helfer und Helfershelfer nach der Selbstenttarnung der NSU-Kernzelle u.a. auch an eine Hamburger Moschee, die Ali-Pascha-Moschee, geschickt haben?
2.21. Warum hat das BKA keine Hausdurchsuchungen wegen des NSU-Briefs beim „Deutschen Rechtsbüro“ der Gisa Pahl und bei der „Nordischen Zeitung“ des (2009 verstorbenen) Jürgen Rieger durchgeführt, obwohl die Adressen des DR und der neue Schriftleiter der „Nordischen Zeitung“ den Sicherheitsbehörden bekannt waren?
Untersuchungskomplex C
Die Rolle des Landesamts für Verfassungsschutz im Untersuchungszeitraum 1993 bis 2011
1. Das LfV HH als „Frühwarnsystem“
1.1. Nachdem das LfV HH in seinen ersten Verfassungsschutzberichten für die Berichtsjahre 1993 bis 1996 noch vor Rechtsterrorismus als realer Gefahr gewarnt hat, relativiert es diese Gefahr in den folgenden Jahren trotz Waffenfunden, Sprengstoffanschlägen, Morden und dem Abtauchen der Jenaer Zelle, bis von Rechtsterrorismus ab dem Berichtsjahr 2006 und bis 2011 überhaupt nicht mehr die Rede ist. Wie beurteilt das LfV HH seine öffentliche Entwarnung und die Gründe dafür heute?
1.2. Waren Vertreter des LfV HH 2003 bei der Tagung des BfV „Gefahr der Entstehung weiterer terroristischer Strukturen im Rechtsextremismus in Deutschland“, bei der es darum ging, Personen, Personengruppen und Personenkreise zu eruieren und zu diskutieren, die aus Sicht des Verfassungsschutzes und aus Sicht der einzelnen Landesämter von einer besonderen Militanz waren? Was hat das LfV HH zu Hamburger Personen, Personengruppen und Personenkreise beigetragen, insbesondere zu den im Untersuchungskomplex 1 genannten Personen sowie zu dem Hamburger Ex-B&H-Chef Torben Klebe?
1.3. Im Verfassungsschutzbericht für 1994 warnt das LfV HH an zwei Stellen (S. 51 und S. 81) nicht nur vor der akuten Gefahr rechtsterroristischer Entwicklungen, sondern verweist ausdrücklich auch auf den Charakter rechtsterroristischer Gewalt als „Propaganda der Tat“: „Die Taten sollen für sich sprechen.“ (S. 81) Welche Rolle hat diese Erkenntnis aus 1994 in den Folgejahren gespielt, insbesondere mit Blick auf das Untertauchen von den drei Jenaer Bombenbastler:innen und die Mordserie an neun migrantischen Kleingewerbetreibenden? Wurden im LfV HH zu irgendeinem Zeitpunkt bis zur Selbstenttarnung des NSU-Kerntrios die Morde unter dem Gesichtspunkt für sich sprechender Taten erörtert?
1.4. Welche Konsequenzen hatte das LfV HH aus seiner in etlichen VS-Berichten dokumentierten Erkenntnis gezogen, dass rechte Gewalt zunehmend vor allem rassistisch motiviert ist? Wurde im LfV HH zu irgendeinem Zeitpunkt bis zur Selbstenttarnung des NSU-Kerntrios die Mordserie an sieben türkischen und einem griechischen Kleingewerbetreibenden unter diesem Gesichtspunkt erörtert?
1.5. Folgte auch das LfV HH zum Zeitpunkt der Mordserie der im Verfassungsschutzverbund vorherrschenden „Philosophie“ für die Rekrutierung von V-Leuten, die der stellvertretende Leiter des LfV NRW vor dem NRW- Untersuchungsausschuss für die Anwerbung und Führung von V-Leute so beschrieben hat: „Organisationen von oben herab zu steuern und zu befrieden oder in irgendeiner Form unter Kontrolle zu bekommen“?
2. Erkenntnisse des LfV HH über Gewalt und terroristische Bestrebungen in der Neonaziszene in Hamburg 1993-2011
2.1. Wie hat sich das LfV HH mit der von Hamburger Neonazis und rechten Skins ausgehenden Gewalt befasst? Was waren seine Informationsquellen? Welche rechtlichen Grundlagen bestanden für den Einsatz von V-Leuten? Wie haben sich über die Jahre die Stellen im LfV HH entwickelt, wie die Verteilung der Stellen auf die verschiedenen Bereiche?
2.2.Welche Erkenntnisse hatte das LfV HH zu welchem Zeitpunkt über rechtsterroristische Diskurse oder/und Bestrebungen sowie entsprechende Gewaltpotenziale in der extrem rechten bzw. neonazistischen Naziszene in Hamburg und Umgebung:
a. bei Rieger und seinem Umfeld,
b. bei den „Führungskameraden“ Worch und Wulff
c. im Zusammenhang mit ihren Aktivitäten in bundesweiten Neonaziorganisationen und Netzwerken/Strukturen,
d. in den Hamburger bzw. norddeutschen Organisationen und Zusammenhängen?
2.3. Welche Rolle spielten dabei die Publikationen „Zentralorgan“ und „Hamburger Sturm“?
2.4. Welche Rolle spielten Blood & Honour-Strukturen in Hamburg und Umgebung und in diesem Zusammenhang Torben Klebe?
2.5. Welche Rolle spielte bei der Radikalisierung der Hamburger (und bundesweiten) Szene und für die Verstärkung von Gewalt
a. das wesentlich von Christian Worch entwickelte Anti-Antifa-Konzept?
b. das von Thomas Wulff und Christian Worch entwickelte Konzept der „Freien Kameradschaften“?
2.6. Warum haben sich Vertreter:innen des LfV HH und von verschiedenen Strafverfolgungsbehörden aus Hamburg, Schleswig-Holstein und dem Bund im Mai 2002 über die von Christian Worch ausgehende Gefahr der Gründung einer kriminellen oder terroristischen Vereinigung ausgetauscht? Über welchen Zeitraum gab es solche Treffen? Welche einschlägigen Äußerungen und konkreten Bestrebungen von Worch haben zu dieser ressort- und länderübergreifenden Beobachtung geführt?
2.7. Welche Kenntnisse hatten von 1993 bis zu seinem Tod 2009 das LfV HH und das BfV über militante und rechtsterroristische Tendenzen und Aktivitäten von Jürgen Rieger? Wie wurden die verschiedenen öffentlichen Drohungen und Gewaltfantasien Riegers bewertet, wie die von ihm veranstalteten Wehrsportübungen, und welche weiteren Konsequenzen wurden daraus gezogen?
2.8. War das LfV HH informiert, und wenn, zu welchem Zeitpunkt, über eine Warnung bezüglich eines Netzwerkes militanter Neonazis aus Deutschland unter der Leitung des damaligen stellvertretenden NPD-Vorsitzenden Rieger, die die Agenzia Informazioni e Sicurezza (AISI, italienischer Inlandsgeheimdienst) zuerst am 2003 und erneut nach der Selbstenttarnung des NSU-Kerntrios dem BfV hat zukommen lassen? Wenn ja, wie haben das BfV und das LfV HH darauf reagiert?
3. Wie hat das LfV HH seine Aufgaben wahrgenommen?
3.1. Wann und wie hat das LfV HH von der Mordserie damals unbekannter Täter:innen an türkischen und einem griechischem Kleingewerbetreibenden erfahren? Wie und wie oft hat sich das LfV HH mit der Mordserie befasst, nachdem es Kenntnis bekommen hatte?
3.2. Was wusste das LfV HH über die Beziehungen zwischen Worch und Wulff auf der einen und dem V-Mann des LfV Bayern Kai Dalek, der nicht nur in Bayern, sondern für das LfV Bayern auch beim Aufbau des Thüringer Heimatschutzes aktiv war?
3.3. Was wusste das LfV HH über die Beziehungen zwischen Worch und Wulff auf der einen und dem „Chef“ des Thüringer Heimatschutzes und V-Mann Tino Brandt auf der anderen Seite? War dem LfV HH bekannt, dass Tino Brandt Wulff öfter angerufen habe, u.a. auf Anweisung des V-Mann-Führers, der die Gespräche dann mithörte? (S. 531 Abschlussbericht Thüringen)
3.4. Hat er über die Kontakte der beiden V-Leute zu Worch und Wulff die sog. Deckblätter der Verfassungsschutzämter aus Thüringen und Bayern erhalten? Was erfuhr er durch diese Kontakte über die Entwicklungen in Thüringen und die Radikalisierung des THS sowie das Abtauchen der Jenaer Bombenleger:innen?
3.5. Was wusste der LfV HH vor 2011 über Gisa Pahl, „Deutsches Rechtsbüro“, und ihre Beziehungen nach Thüringen, insbesondere über ihre Schulungstätigkeit in Thüringen, ihre Verbindungen zu Tino Brandt und zu Wohlleben?
3.6. Aus welchem Grund wurde Gisa Pahl von 1998 bis 2009 nicht in den Hamburger Verfassungsschutzberichten geführt?
3.7. Was wusste das LfV HH über das zunächst in Brandenburg, ab ca. 2000 in Mecklenburg-Vorpommern erschienene und überregional vertriebene neonazistische, Blood & Honour nahestehende Fanzine „Der weisse Wolf“, das im Hamburger VS-Bericht für 1996 aufgeführt wurde, danach jedoch nicht mehr? Welche Ausgaben des Fanzines lagen dem LfV HH vor?
3.7.1. War dem LfV HH bekannt, dass neben den B&H-Sektionen aus Rostock und Chemnitz auch die Hamburger Sektion von B&F Artikel für den „Weissen Wolf“ verfasst hat? Tauchten, wie es öfter vorkam und im Schweriner Untersuchungsausschuss thematisiert wurde, auch Namen von Mitgliedern aus der B&H- und Combat-18-Szene in Hamburg und Umgebung in Grußbotschaften auf?
3.7.2. Seit wann war dem LfV HH die Ausgabe Nr. 16 vom 2001 bekannt, die kurz vor dem Mord an Süleyman Taşköprü erschien und in der ein Artikel aus dem Hamburger Abendblatt vom 24.9.1999 – also ohne erkennbaren aktuellen Anlass – abgedruckt wurde, in dem u.a. von migrantisch geprägten „Parallelwelten“ u.a. in Altona fabuliert wurde?
3.7.3. Was weiß das LfV HH über die Verbreitung des Fanzines in der B&H- und der Combat-18-Szene in Hamburg und Umgebung?
3.7.4. Seit wann hat das LfV HH Kenntnis von dem im „Weissen Wolf“ auf S. 1 abgedruckten „Dank“ an den NSU?
3.7.5. Seit wann hat das LfV HH Kenntnis vom sog „NSU-Brief“, der an zwei Adressen von Personen bzw. Einrichtungen geschickt worden ist, die vom Verfassungsschutz beobachtet wurden?
3.8. Das LfV HH hat nach eigenen Angaben dem Generalbundesanwalt im ersten Halbjahr 2014 eine DVD übermittelt mit möglichen Bezügen zum „Nationalsozialistischen Untergrund“. Welchen Weg hat die DVD genommen?
3.9. Welchen Bezug hatte der V-Mann Corelli, der die DVD 2006 versandt haben soll, zum V-Mann des LfV HH, der sie empfangen und erst beim Aufräumen seiner Wohnung 2014 gefunden haben will, und zur Hamburger Neonaziszene? Welche Erkenntnisse darüber hatte das LfV HH zu welchem Zeitpunkt?